Begegnungen – Momentaufnahmen

Beim Deutschlehrer-Kongress treffe ich Menschen aus vielen verschiedenen Ländern Lateinamerikas. Ich frage sie: Was beschäftigt dich, wenn du im Moment an dein Land denkst?

Daniel, Kolumbien

Daniel lebt in Bogota. Er war als Au-Pair in Deutschland, jetzt ist er Deutschlehrer. Er nimmt gerne ab und zu Couchsurfer bei sich auf und zeigt ihnen die Stadt. Wir schweben mit der Seilbahn über die ehemals gefährlichen Stadtteile von Medellin. Wie hat sich Kolumbien in den letzten Jahren verändert?

Ruby und Susanna, Peru

Ruby und Susanna müssen erst mal überlegen. Politik? Ach, da passiert grad nix Spannendes, meinen sie. Natur sei viel interessanter.

 

Andrea, Brasilien

In Brasilien hingegen läuft zur Zeit das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten in einem Jahr.

Update 24. Mai: Während alle anderen nach und nach ihre Reiseschwierigkeiten und schließlich doch Ankünfte in die WhatsApp-Gruppe posten, schickt Denise ein aktuelles Foto ihrer Heimatstadt Brasilia: Demonstranten mit Fahnen, Polizeiautos, brennende Barrikaden, viel schwarzer Rauch sind da zu sehen. „Gewalttätige Proteste gegen den Präsidenten und Reformen“ schreibt sie dazu.

Jimena, Bolivien

Evo Morales, der erste indigene Präsident Lateinamerikas hatte große Hoffnungen geweckt. Jimena ist ziemlich ernüchtert von seiner Präsidentschaft.

Mario, Mexico

Welche Auswirkungen hat die Trump-Präsidentschaft auf die südlichen Nachbarn? Im Großen und Ganzen ist eigentlich alles wie immer, meint Mario zunächst. Aber dann fällt ihm doch so einiges ein.

Und dann sind da noch die, bei denen es für ein Interview nicht mehr gereicht hat:

Heike und Ingo, Venezuela

Die beiden sind in jeder freien Minute unterwegs zum Einkaufen. Denn sehr Vieles, so erzählen sie, gibt es in Venezuela zur Zeit einfach nicht zu kaufen, selbst wenn man das Geld hätte. Vor allem nach Medikamenten suchen sie.  Ein Lehrer, sagt Ingo, braucht neben seinem Vollzeit-Angestellten-Job zur Zeit noch mindestens vier Privatschüler, um über die Runden zu kommen. Und wer hat das Geld, diesen Privatunterricht zu bezahlen? Oh, meint Ingo, die Selbstständigen, die nicht irgendwo angestellt sind, denen geht es gut. Ein Parkwächter bekommt in einer Stunde so viel Trinkgeld wie ein Lehrer am Tag verdient. Und dann erzählt er vom 15. Geburtstag – der wird in Lateinamerika ganz groß gefeiert – einer seiner Privatschülerinnen. Da bestand die Einladung für die Freunde aus einem iPad, der Hauptpreis der Tombola war ein Auto. Gleichzeitig sind Lebensmittel so knapp, dass immer mehr Supermärkte überfallen werden.

Während des Kongresses erfährt Heike, dass der Schulweg ihrer Schüler wegen der Unruhen zu gefährlich geworden ist, sie bleiben zu Hause, der Unterricht fällt aus. Der Leiter des deutschen Colegio Humboldt in Caracas hat vor ein paar Tagen für die „Zeit“ geschildert, wie er versucht, einen einigermaßen geregelten Unterrichtsbetrieb aufrecht zu erhalten. Das „Handelsblatt“ berichtet heute von den Protesten.

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